Bei jedem dritten Verfahren auch Zuwanderer als Verdächtige

Stand: 25.11.2019

Das BKA verweist auf eine steigende Anzahl von "tatverdächtigen Zuwanderern" in den Ermittlungsverfahren gegen Clan-Kriminalität. Die Ermittler befürchten Auseinandersetzungen zwischen alteingesessenen Clans und neuen Gruppen. Holger Münch. Foto: Gregor Fischer/dpa/Archivbild
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Wiesbaden/Berlin/Essen (dpa) - Auf eine steigende Anzahl von "tatverdächtigen Zuwanderern" in den Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität von Clans verweist der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch. Zwar gebe es noch keine verfestigten Strukturen, doch: "In etwa einem Drittel der Verfahren sind auch Zuwanderer als Tatverdächtige aufgetaucht. Und das bedeutet, wir müssen das Phänomen weiter sehr genau im Auge behalten", sagt Münch in der ARD-Dokumentation "Beuteland - Die Millionengeschäfte krimineller Clans" von WDR und RBB.

Man dürfe "solche Dinge nicht über Jahre laufen lassen. Das ist, glaube ich, die große Lehre, die wir aus den Entwicklungen der letzten 30 Jahre ziehen müssen".

Nach Aussage des Essener Polizeipräsidenten Frank Richter beobachtet die Polizei, dass Zuwanderer den alteingesessenen arabisch-libanesischen Clans zunehmend Konkurrenz machen und sie unter Druck setzen. Während Zuwanderer aus dem Irak lange nur als sogenannte Läufer im Drogenhandel für die Alt-Clans tätig gewesen seien, seien nun Gruppierungen zu beobachten, die versuchten, "die Geschäfte zu übernehmen".

Richter befürchtet, dass es zwischen den alteingesessenen Clans und den neuen Gruppen zu Auseinandersetzungen kommen könnte. Manche neu Zugewanderten würden über "Kampferfahrung verfügen". "Das ist natürlich noch mal eine ganz, ganz andere Qualität als das, was wir momentan haben."

Allein in Nordrhein-Westfalen gab es nach Angaben des Innenministeriums in diesem Jahr bislang 720 Razzien gegen Clan-Kriminalität. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der "Rheinischen Post" hervor. Seit der Erfassung solcher Razzien im Juli 2018 gab es insgesamt 860 Durchsuchungen. Die Fahnder kontrollierten dabei mehr als 26.100 Menschen - davon 19.200 in diesem Jahr. Sie registrierten mehr als 10.000 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und nahmen rund 350 Menschen fest.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) erneuerte seine Forderung nach härteren juristischen Maßnahmen gegen Organisierte Kriminalität: "Wenn wir nachhaltige Erfolge erzielen wollen, dann brauchen wir weitere Instrumente, auch rechtliche Instrumente, Beweislastumkehr ist ein solches Thema, was für uns wichtig ist", sagte Geisel am Montag im ARD-"Morgenmagazin. Eine Beweislastumkehr würde bedeuten, dass Kriminelle, "wenn sie im Strafverfahren sind, nachweisen müssen, woher sie ihr Vermögen erworben haben". Italien habe damit große Erfolge.

Zur Lage in der Hauptstadt sagte der Innensenator: "Wir haben etwa 20 einschlägige Familien, von denen sind sieben bis acht intensiv kriminell." Das seien insgesamt mehrere Tausend Menschen. Man habe seit Anfang des Jahres über 300 Einsätze gefahren. Das gehe vom Ahnden des Parkens in der zweiten Reihe bis hin zu Razzien und Finanzermittlungen. "Also die gesamte Bandbreite des Rechtsstaates wird genutzt, weil der Rechtsstaat unter Druck ist."

Zuletzt sorgte der Fall des illegal nach Deutschland eingereisten libanesischen Clan-Mitglieds Ibrahim Miri für Aufsehen. Dieser wurde am Wochenende aus Bremen in sein Heimatland abgeschoben. Der Clan-Chef wurde in Deutschland von 1989 bis 2014 insgesamt 19 Mal rechtskräftig verurteilt, unter anderem wegen Raubes, schweren Diebstahls, Hehlerei und bandenmäßigen Drogenhandels. Im März kam er vorzeitig frei, im Juli wurde er in den Libanon abgeschoben. Ende Oktober tauchte er in Bremen auf, stellte einen Asylantrag und wurde wieder festgenommen.


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